Die 
          Macher des renommierten Haldern Pop Festivals gehen ein großes 
          Wagnis in turbulenten Zeiten ein: sie gründeten eine Plattenfirma, 
          allen Verkaufsdaten der Branche zum Trotz. Für gute Musik, so der 
          Tenor, sei immer Platz, und tatsächlich gelingt es immer wieder 
          gerade kleinen Independentlabels, sich in Nischen zu etablieren. Und 
          diese Nischen werden umso größer, je mehr sich die Branchenriesen 
          auf der Suche nach vermeintlichen "Superstars" verbrauchen. 
           
          Und 
            so gerät bereits die erste Veröffentlichung des neuen Labels 
            zum Coup: Der letztjährige Festival-Auftritt der dänischen 
            Band "Under Byen" wurde mitgeschnitten und erscheint nun 
            als EP und 12" Vinyl EP bei "Haldern Pop Recordings". 
            Eine Premiere ist es nicht nur für die junge Plattenfirma, sondern 
            auch für das dänische Oktett aus Aarhus, dessen Alben bisher 
            in Deutschland nicht veröffentlicht wurden.
          Dieser 
            Missstand könnte sich nun endlich ändern, denn auf "Live 
            at Haldern Pop" machen Under Byen (was übrigens so viel 
            heißt wie "Unter der Stadt") Lust auf mehr. 
            Ausgerüstet mit ungewöhnlichem Instrumentarium von Melodica 
            über Cello bis zur Singenden Säge erschaffen die acht Dänen 
            einen seltsam verschrobenen Klangkosmos, der Assoziationen zu anderen 
            nordischen Elfen weckt: Anja Garbarek, Stina Nordenstam, Emiliana 
            Torrini - und Björk, an deren Gesang die traumwandlerische, verstörende 
            Stimme von Henriette Sennenvaldt immer wieder erinnert.
          Das 
            bisherige Desinteresse deutscher Plattenfirmen an Under Byen mag damit 
            zu tun haben, dass sie ausschließlich Dänisch singen und 
            wohl auch nicht beabsichtigen, in dieser Frage Kompromisse einzugehen. 
            Denn ihre Musik lebt nicht nur von den mysteriösen, elegischen 
            Arrangements und dem verwunschenen Gesang aus einer anderen Welt, 
            sondern auch von den Geheimnissen der Sprache selbst. 
          Wie 
            die Isländer von Sigur Rós, die eigens eine Kunstsprache 
            entwickelten ("Hopelandish"), um ihre Musik nach eigenem 
            Belieben mit sprachlicher Lautmalerei unterstützen zu können, 
            so nutzen Under Byen die dänische Sprache für ihre eigenartigen 
            Erzählungen und bizarre Bilder. Englisch wäre an dieser 
            Stelle viel zu banal. 
          Leider 
            fanden nur vier Lieder den Weg auf die CD, und das ist bei weitem 
            nicht genug, um dieser außergewöhnlichen Band gerecht zu 
            werden, doch immerhin: ein Anfang ist gemacht, und den verdanken wir 
            - wie so häufig - dem Wagnis weniger Enthusiasten.
          "Genau 
            wie das Festival glaubt Haldern Pop Recordings an das Unerkannte, 
            Unscheinbare, an die Leidenschaft in der Musik: es liebt die Überraschung 
            und Begeisterung." So steht es im Pressetext der stolzen Haldern 
            Pop Recordings-Gründer, und wie gerne würde man auch etablierte 
            Labels auf diesen Satz verpflichten. 
          Wir 
            geben an dieser Stelle die gebotene Unabhängigkeit des Kritikers 
            auf, drücken die Daumen und empfehlen uneingeschränkt: Kaufen! 
            Kaufen! Kaufen!
            
          © 
            Michael Frost, 03. April 2004