Die 
          Welt, so ließe sich sagen, teilt sich in Holzfäller und Baumpflanzer. 
          Frazey Ford und Samantha Parton, zwei junge Kanadierinnen aus British 
          Columbia, kennen die Konsequenzen des einen Teils und engagierten sich 
          für den anderen. In einem Sommercamp zur Aufforstung der von der 
          Holzwirtschaft ausgebeuteten kanadischen Wälder lernten sie sich 
          kennen, verloren sich aber zunächst wieder aus den Augen.  
          Frazey 
            Ford begegnet später Trish Klein in einer Musikschule. Nach Schulschluss 
            tingeln beide durch die Clubs und machen ihre ersten Erfahrungen mit 
            öffentlichen Auftritten. Doch von Dauer ist auch diese Begegnung 
            zunächst nicht: New Orleans, Montreal und Guatemala sind Zwischenstationen 
            des späteren Trios, das 1999 endgültig in Vancouver wieder 
            zueinander findet. 
          Dort 
            gesellt sich Jolie Holland zu ihnen. Die Texanerin wird schnell zur 
            Vierten im Bunde und steuert ungewollt sogar den Bandnamen bei, als 
            sie den drei anderen den Song "Be good Tanya" vorstellt. 
            
          Seither 
            sind "The Be Good Tanyas" eine der interessantesten Frauenbands 
            überhaupt. Nach den ersten Erfolgen in Kanada erzielte das Quartett 
            überraschend schnell auch positive Resonanz in Europa. Vermutlich 
            ist die Anerkennung diesseits des Atlantiks ihrer unkonventionellen 
            Art geschuldet. Denn diese Art ermöglicht es Anhängern verschiedener 
            Genres, sich für die "Tanyas" zu begeistern: Folk, 
            Country, Gospel, Alternative Pop, alles findet sich in ihrer Musik 
            wieder. 
          Ihr 
            Sound ist leise und sinnlich, ohne Pathos und aufgesetzten Patriotismus, 
            welcher der Countrymusik oft nachgesagt wird, sparsam instrumentiert 
            mit akustischen Instrumenten, und die Texte sind engagiert. "Junkie 
            Song" aus ihrem zweiten Album "Chinatown" befasst sich 
            mit der Drogenszene von Vancouver - für die Countryszene wohl 
            ein ungewohntes Thema. 
          Doch 
            auch für Cover-Aufnahmen sind die Tanyas stets zu haben. "House 
            of the rising sun" gehört ebenso zu ihrem Repertoire wie 
            "In my time of dying" (Animals) und Neil Youngs "For 
            the turnstiles" - sogar vor Prince machen die Tanyas nicht halt. 
            Sein "When doves cry" ist der Hidden Track (uups, verraten 
            ...) des neuen Albums der Tanyas "Hello love", und wie immer, 
            wenn die Be Good Tanyas sich einen Song vornehmen, dann adaptieren 
            sie ihn derart, dass das Original schließlich kaum noch als 
            solches zu erkennen ist, sondern - komplett umarrangiert - wie eine 
            Eigenkomposition von Parton/Klein/Ford klingt. 
          Inzwischen 
            ist das Quartett nämlich wieder zum Trio geschrumpft. Jolie Holland 
            ist inzwischen eine gefragte Solokünstlerin, die bereits drei 
            großartige Folkalben unter eigenem Namen veröffentlichte. 
            Für "Hello love" kehrte sie jedoch für einen kurzen 
            Gastauftritt im Song "Nobody cares for me" zu ihren Kolleginnen 
            zurück. 
          Die 
            Tanyas haben den Abgang von Jolie Holland gut verkraftet. Die Kreativität 
            der vier Frauen reicht hörbar für mehrere Projekte. Und 
            auch "Hello love" vereint wiederum sämtliche Stärken 
            dieser ungewöhnlichen Band: unangestrengt, mit betont einfachen 
            Mitteln, dafür aber umso intensiver, leise begleitet von Gitarren, 
            Geige, Banjo, Klavier oder Mandoline - ohne den Haudrauf-Rhythmus 
            und die aufgesetzten Klischees des Country-Mainstram. Kein Zweifel: 
            Die "Be good Tanyas" gehören auch musikalisch zu den 
            Baumpflanzerinnen - nicht zu den Holzfällern.
          © 
            Michael Frost, 08.11.2006