Wenn
ein Künstler sein Album schlicht nach seinem Vornamen benennt,
hat das in aller Regel eines zu bedeuten: Der bloße Vorname
symbolisiert Vertrautheit, Direktheit, Ehrlichkeit, Intimität.
Um es gleich zu sagen: "Luca" ist ein wunderbares Album
und hält - nein: übertrifft, was sein Titel bzw. die sich
dahinter verbergende Symbolik verspricht.
Völlig
unaufgeregt präsentiert Luca seine Musik; leise, schnörkellos
und einlullend. Das Album beginnt mit einfachen Akkorden auf einer
akustischen Gitarre, deren einfacher Klang auch im Mittelpunkt der
anderen Lieder steht - und schon schwebt man los. Sensible Arrangements
verstärken den ursprünglichen Charakter, Luca verzichtet
fast gänzlich auf rockige Elemente und lässt das Album zu
einer Sammlung von besonnenen Balladen werden, die sich der Realität
zwar nicht verschließen, aber in der Hauptsache zum Sich-Wegträumen
einladen, was die Angelegenheit für die Rezensentin zu einer
komplizierten Angelegenheit macht, weil man sich sehr zusammenreißen
muss, um nicht von Luca, seinem sanft-rauen Gesang, der leisen Gitarre
und den bedächtigen Streichern der Wirklichkeit entrissen zu
werden und in den Melodien wie zwischen Wolken zu verschwinden - und
zum Schluss gar nicht mehr weiß, was man überhaupt gehört
hat ...
Carboni
ist in Deutschland längst kein Unbekannter mehr. In der Szene
der "Cantautori", der italienischen Songwriter, gehört
er zu den Größten, und folglich stürmte Luca bereits
die Spitze der italienischen Charts.
Seine
romantischen Liedeslieder können insofern als sehr "italienisch"
bezeichnet werden, als sie wirklich nur Italien entstehen können.
Kaum denkbar, dass ein ernstzunehmender deutscher Musiker Texte singen
dürfte wie
"Una
rosa per te per te che ci sei
una rosa per te non te l'ho data mai
ma dentro di me tutti i fiori dei campi
e i frutti degli alberi sono per te ..."
ohne
gleich mit lebenslangem Auftritt in den Fernsehshows von Gotthilf
Fischer und Dieter Thomas Heck bestraft zu werden. (Deshalb werden
die Zeilen hier auch nicht übersetzt, sonst kommt noch jemand
auf dumme Gedanken ...)
Italienische
Musiker-Herzen ticken eben etwas anders und gefühlvoller, und
wenn man sich darauf einlassen kann, dann entdeckt man in Luca jemanden,
der in Wahrheit Lichtjahre vom Schlagerkitsch entfernt ist und eine
warmherzige und sensible Romantik zelebriert, die man in der aktuellen
Musikszene Deutschlands vielleicht nur in den Liebesliedern von Herbert
Grönemeyer entdecken kann.
Luca
ist die perfekte Begleitung für einen verschlafenen Herbstsonntag,
an dem man sich die Decke nochmal über den Kopf zieht und sich
mit sanfter Poesie in die Welt melancholischer Tagträume entführen
lässt ...
A.
Gris, 24. November 2001