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'Multiple musikalische
Persönlichkeit'


Matthew Herbert ist eine "multiple musikalische Persönlichkeit" (Pressetext). Tatsächlich hat der hyperaktive Produzent, Soundtüftler und Performance-Künstler seine Hand bei unzähligen Veröffentlichungen im Spiel - seien es die eigenen Alben oder auch Kooperationen mit anderen Musikern, darunter Björk, Roisin Murphy, Susi Hyldgaard, REM und Yoko Ono.

Eine eher unbemerkt gebliebene Seite seiner Arbeit zeigt nun "Score" auf. Denn Matthew Herbert schrieb auch Musik für Filme, etwa "Vida y color" (2005) des spanischen Regisseurs Santiago Tabernero, "The Intended" (2002, Regie: Kristian Levring) und "Le defi" (2001, Regie: Blanca Li).

Selbstverständlich ist die Herangehensweise Matthew Herberts eine andere als man es von großen Hollywood-Produktionen gewohnt ist. Herbert: "Vom künstlerischen Aspekt aus gesehen finde ich es wirklich armselig, dass ein Symphonieorchester aus dem 19. Jahrhundert als das einzig angemessene Medium für einen kommerziellen Film - egal welchen Genres - angesehen wird. Es ist vollkommen absurd, dass dieses Prinzip sogar auf einen Film wie Minority Report, der ausschließlich in der Zukunft spielt, oder bei Troja, der vor Tausenden von Jahren spielt, angewendet wird."

Ob ihm ein anderer Zugang gelungen ist, eine direktere Relation zwischen Film und Musik, kann an dieser Stelle nicht beurteilt werden: "Score" erscheint als Zusammenschnitt verschiedener Soundtracks, dient also einem anderen Zweck als der Unterstreichung filmischer Handlungsstränge, und doch lässt sich an manchen Stellen die Dramatik auf der Leinwand wenigstens erahnen, wenn man der Musik genau zuhört.

Die zitierte Kritik Herberts an herkömmlicher Filmmusik ließe vermuten, dass er mit deren Traditionen vollkommen gebrochen hätte. Doch das ist nicht der Fall. Auch er arbeitet zum Teil mit großem Orchester, Sakralchor oder einer swingenden Big Band, doch in teilweise neuer Funktion. Am deutlichsten wird sein Ansatz vielleicht bei seiner Version von "Singing in the rain". Der ursprüngliche Swing-Charakter blieb erhalten, wird sogar noch verstärkt, doch an manchen Stellen wird der treibende Rhythmus unterbrochen, um kurz darauf mit einem kaum merkbaren House-Sound unterlegt zu werden, der das Tempo anzuheizen scheint.

Andere Titel wiederum sind extrem leise und sparsam arrangiert ("Café de Flore" ist ein Duett von Piano und Akkordeon) und machen darin eine neue, fast klassische Seite Matthew Herberts sichtbar. Trotz der Verschiedenheit der Sounds entwickelt "Score" eine eigenständige, durchgängig spürbare Atmosphäre, fast, als ob durch die Zusammenstellung der Soundtrack für einen neuen, erst noch zu produzierenden Film entstanden sei.

Bislang waren es europäische Independent-Filmemacher, die Matthew Herbert als Komponist engagierten. Es wäre jedoch wirklich reizvoll, ihm einmal die Filmmusik für eine große Hollywood-Produktion zu übertragen.

© Michael Frost, 01.04.2007

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