"Ich
mag keinen hektischen Flamenco, der lediglich dazu dienen soll, die
Technik der Tänzer zu unterstreichen." Statt dessen lässt
Pedro Soler seine Melodien langsam entstehen, sie erwachsen aus einer
sinnlichen Symbiose zwischen seinen Fingern und der Gitarre. "Pedro
Solers Finger sind die fünf Sinne der Gitarre", schrieb der
Literat Miguel Angel Asturias.
Sein
sechster Sinn ist die Erfahrung. Pedro Soler wurde 1938 geboren, und
Flamenco spielt er schon seit seiner Jugend. An seiner Technik feilte
er durch die Beobachtung und Anleitung einiger der größten
Flamencogitarristen Spaniens, einer kleinen exquisiten Gruppe, zu
der er inzwischen längst selbst auch zählt.
"Luna
negra" heißt sein neues Album, auf dem er wiederum die
sinnlich verspielte, oft sehr leise vorgetragene Vision seines Flamenco
ausbreitet. Tatsächlich sind die acht Stücke, allesamt von
ihm allein an der Gitarre instrumentiert, gefühlvolle, manchmal
gar introvertiert wirkenden Kompositionen eine Überraschung jeden,
der mit Flamenco bislang vor allem das Donnern der mit Nägeln
beschlagenen Absätze der Tänzerinnen und Tänzer, klappernde
Kastagnetten und dramatischen verband.
Fast
verträumt wirken manche Stücke, zärtlich und voller
Bewunderung, etwa für Carmen Joselito, die Tänzerin, mit
der er über lange Jahre zusammen arbeitete, und der er einen
Titel auf "Luna negra" widmet. In seiner Musik erwacht ihr
Tanz zu neuem Leben, und es scheint, als realisierte er die traditionelle
Einheit aus Gitarre, Gesang und Tanz praktisch im Alleingang: Wenn
nämlich seine Finger in leidenschaftlicher Virtuosität über
die Saiten tanzen, dann entsteht auch daraus eine Art Gesang, der
keiner weiteren Sprache bedarf.
©
Michael Frost, 02.07.2005