Dieses 
            Debüt war überfällig. Weshalb es nicht schon längst 
            stattfand, kann nur mit dem wenig karrieretauglichen, weil unaussprechbaren, 
            Nachnamen der Künstlerin zusammen hängen. Der lautet nämlich 
            Westzynthius, Vorname: Lise, und doch tut man gut daran, sich sowohl 
            Vor- als auch Nachnamen zu merken, denn von Lise Westzynthius wird 
            in naher Zukunft noch einiges zu hören sein. 
          Dafür 
            spricht, dass es sich bei ihrem neuen Album "Rock you can fly" 
            überhaupt nicht um ein Debüt handelt. Es ist nach "Heavy 
            dream" bereits das zweite Album der jungen Dänin, und die 
            Zählung gilt lediglich für Soloalben, in Wahrheit ist die 
            Zahl ihrer Mitwirkung an diversen in Dänemark veröffentlichter 
            Platten deutlich größer. Zuletzt sang sie für einen 
            Filmsoundtrack ("Nordkraft"), davor beteiligte sie sich 
            an einem Leonard Cohen-Tribute-Album, für das namhafte dänische 
            Künstler einige seiner Songs ins Dänische übersetzten 
            und neu einspielten. Lise Westzynthius wählte "By the rivers 
            of dark" und machte daraus ""Ved Den Mørke Flod". 
            
          Ihre 
            eigenen Alben dagegen veröffentlicht sie mit englischen Texten, 
            die ebenso wie die Kompositionen von ihr selbst stammen. Daneben spielt 
            sie ein Großteil der Instrumente selbst. So beschränkt 
            sich die Mitwirkung ihres langjährigen musikalischen Weggefährten 
            Nikolaj Nørlund, selbst einer der kreativsten Musiker der dänischen 
            Independent-Szene auf (instru)mentale Unterstützung. Mit Nørland 
            hatte Lise Westzynthius zu Beginn ihrer Karriere verschiedene Bandprojekte 
            auf den Weg gebracht (Luksus, Superjeg, Rhonda Harris), die allesamt 
            bei dem kreativen Independent-Label Auditorium in Arhus veröffentlicht 
            wurde.
          "Rock 
            you can fly" nun wird durch "One little indian" veröffentlicht, 
            das britische Label, bei dem auch Björk unter Vertrag ist. Rückschlüsse 
            auf musikalische Parallelen sollte man dadurch allerdings nicht ziehen. 
            Lise Westzynthius steht eher in der Tradition introvertierter Kolleginnen 
            wie Stina Nordenstam oder Anja Garbarek. Bei ihr treffen zarter Akustikpop 
            und leiser Gesang aufeinande. Wie in dem Halbschlaf, von dem sie im 
            Album-Opener "Séance" singt, schwingt in ihrer Musik 
            ein melancholischer Grundton mit, der sie wiederum in die Nähe 
            großer Kolleginnen wie Beth Gibbons rückt, mit deren Solo-Album 
            "Out of season" Lise Westzynthius ganz offenkundig die Begeisterung 
            für klare, akustische Arrangements teilt.
          Wie 
            gesagt: Dieses Debüt, das in Wirklichkeit keines ist, war überfällig. 
            Nun sollte schnell nachgelegt werden: Denn auch "Heavy dream", 
            Lises tatsächliches Solodebüt von 2002, verdient es, einem 
            internationalen Publikum vorgestellt zu werden. 
          Und 
            sicherlich wird es schon in Kürze weitere Veröffentlichungen 
            geben. Denn Lise Westzynthius erhielt ein Künstler-Stipendium 
            der dänischen Regierung. Das sichert ihr für die nächsten 
            drei Jahre die materielle Basis. (Schrödermerkelwesterwellefischer: 
            Bitte vergleichbare Maßnahmen ins Wahlprogramm aufnehmen, dann 
            klappt's auch mit dem musikalischen Nachwuchs!)
          © 
            Michael Frost, 15. Juli 2005
          