Sommer, 
            Sonne, Strand. Rotwein und Lebensfreude im Übermaß, der 
            Himmel wolkenlos - mit einem Wort: Italien. So kennt man Land und 
            Leute, und dem Klischee entspricht regelmäßig auch die 
            Musik, die den Weg über die Alpen zu uns findet: Hemmungs-, manchmal 
            gnadenloser Gute-Laune-Sound, auch "Italo Pop" genannt. 
            
          Im 
            Gegensatz dazu sind Giardini di Mirò so etwas wie die Isländer 
            unter den italienischen Bands: ins Detail verliebt und verschroben, 
            episch und elektronisch, melancholisch und minimalistisch. Das Sextett 
            aus Reggio Emilia (Jukka Reverberi, Lorenzo Lanzi, Mirko Venturelli, 
            Luca di Mira, Corrado Nuccini, Emanuele Reverberi) hebt sich deutlich 
            nicht nur vom italienischen Mainstream ab, sondern ist schon seit 
            einiger Zeit ein veritabler Geheimtipp in der europäischen Postrock-Szene. 
            Ihr Album "Rise and Fall of Academic Drifting" (2001) erschien 
            im Jahr darauf noch einmal in einer Remix-Version "The Academic 
            Rise of falling drifters", an der sich namhafte Electronica-Pioniere 
            wie Opiate, Turner und Arne van Petegem (Styrofoam) beteiligt hatten.
          Van 
            Petegem ist auch an "Punk ... not Diet" mit einigen elektronischen 
            Spielereien beteiligt, und dennoch ist das neue Album von Giardini 
            di Mirò, das seit Juni 2003 zu haben ist, im Gegensatz zu den 
            vorigen digitalen Experimenten eine handfeste - weil analoge - Sache. 
            
          Akustische 
            Instrumente, darunter Geige, Trompete, Akkordeon und Harmonium, bestimmen 
            die betont ruhige und elegische Atmosphäre des Albums - die verschiedentlich 
            von stimmig inszenierten Gitarrensounds durchbrochen - tatsächlich 
            aber verstärkt - wird. Erstmals seit längerem arbeiten Giardini 
            di Mirò auch wieder mit Gastsängern zusammen. Die Stimmen 
            von Alessandro Raina, Kaye und Christy Brewster werden dabei wie Instrumente 
            eingesetzt und fügen sich wie von selbst in den dichten Klangteppich 
            des Bandsounds ein. 
          "Punk 
            ... not Diet", angesiedelt irgendwo zwischen Radiohead und den 
            verträumten Experimenten norwegischer (The White Birch, Flunk) 
            und isländischer Bands (Múm, Sigur Rós) dürfte 
            für Freunde introvertierter Postrock-Melancholie eine wirkliche 
            Entdeckung sein. 
          © 
            Michael Frost, 15. Juli 2003