Die 
            Vorfreude ist ja bekanntlich die größte Freude. Und vorfreuen 
            kann man sich in diesen Tagen reichlich: auf Weihnachten, die ruhigen 
            Tage "zwischen den Jahren", die rauschende oder besinnliche 
            Silvesterparty - auf ein gutes, besseres oder bestes neues Jahr. 
          Liebhaber 
            der Weltmusik dagegen konnten sich bereits beschenken: der immer im 
            November erscheinende Sampler "World" gehört für 
            sie zu Recht zu den Höhepunkten des Musikjahres, weil er dieselben 
            seit sechs Jahren auf einer Doppel-CD festhält. 
          So 
            auch in diesem Jahr. Wiederum hat Charlie Gillett, DJ und Weltmusikexperte 
            der BBC, praktisch alle Interpreten, die die Weltmusikszene in diesem 
            Jahr prägten, auf einer großartigen Compilation versammelt: 
            die unvergleichliche Lhasa mit ihrer Mischung aus Texmex und Chanson, 
            das gefeierte Duo Amadou & Mariam und Mali, dessen von Manu Chao 
            produziertes Album "Dimanche à Bamako" ein Riesenerfolg 
            wurde, die Französin Camille mit ihrerm eigenwilligen A-capella-Sound, 
            die Portugiesin Mariza, die ihr Album "Transparente" vom 
            brasilianischen Altmeister Jacques Morelenbaum arrangieren ließ, 
            Youssou N'Dour mit seinem arabisch eingefärbten Album "Egypt". 
            
          Sie 
            alle gehören bereits zum "Establishment" der Weltmusik. 
            Andere beginnen gerade erst, sich einen Namen zu erarbeiten: etwa 
            das "Shukar Collective" aus Bukarest, das die traditionelle 
            Musik der Roma mit Drums&Bass und Electrobeats mischt (Album: 
            "Urban Gypsy"), oder die vier russischen Beiträge, 
            die den Weg auf "Sound of the World" fanden: Ivan Kupala, 
            Volga, Okna Tshahan Zam und Julia Vorontsova. 
          Gerade 
            auch ihre Berücksichtigung dokumentiert einen vorsichtigen Perspektivwechsel: 
            Weltmusik ist nicht länger ein Wettstreit um größtmögliche 
            Exotik, sondern etwas, das längst auch in der eigenen Nachbarschaft 
            zu Hause ist: in Russland, in Belgien ("Think of One"), 
            in Frankreich (Julien Jacob), in Spanien (Ana Salazar) und England 
            (State of Bengal). 
          Nur 
            Deutschland, so scheint es, bleibt ein weißer Fleck auf der 
            Karte der Weltmusik. Im vergangenen Jahr waren lediglich die 17 Hippies 
            auf der "World"-Compilation vertreten, in diesem Jahr sucht 
            man vergebens. Kaum vorstellbar, dass dies an mangelnder Kreativität 
            liegen soll. Vielleicht hat sich einfach noch keine Plattenfirma auf 
            die Suche gemacht? 
          Formulieren 
            wir es also positiv: Es gibt noch entwicklungsfähige Potenziale. 
            Vielleicht im nächsten Jahr. Und die Vorfreude darauf ist ja 
            bekanntlich die schönste Freude.
           
          © 
            Michael Frost, 11.12.2005
            "Sound of the world" - Wrasse Records 2005
            (Wrasse 169)
          DISC 
            1
            01. Daby Balde - Sora
            02. Sissy Atanassova - Chaje Shukarije
            03. Ivan Kupala - Geo
            04. Amadou & Mariam  -Coulibaly
            05. Camille - Au port
            06. Mei Tei Sho  - Lambi Golo Part 1
            07. Lhasa - La frontera
            08. Chango Spasiuk - Tarefero de mis pasos
            09. Darko Rundek & Cargo Orkestar - Ista Slika
            10. Oliver Mtukudzi - Vanereva nepasipo
            11. Chehade Brothers - Niyal albou
            12. Volga - Verejushki
            13. Nairobi Yetu - Nijenge
            14. State of Bengal vs. Paban das Baul  - Padma nodi
            15. Ali Farka Touré & Toumani Diabaté - Kadi 
            kadi 
            16. DJ Fitchi & Joe Dukie  - Midnight marauders
            
            DISC 2
            01. Issa Bagayogo - Dya bana
            02. Shiyani Ngcobo - uDadewetha
            03. Seu Jorge - Mania de peitao
            04. Shukar Collective  - Calling tamango
            05. Yasmin Levy - Naci en Alamo
            06. Okna Tsahan Zam  - Edjin Duun
            07. Laye Sow - Boonoo
            08. Mariza - Transparente
            09. Julia Vorontsova - Older
            10. Youssou N'Dour  - Tijaniyya
            11. Ana Salazar  - El acordeonista
            12. Malouma - Tuyur el wad
            13. Dead Combo  - Rumbero
            14. Julien Jacob - Jacob
            15. Clotaire K  - Beyrouth Ecoeuree
            16. Tokyo-chutie-iki - Otome sankanbi
            17. Think of One  - Moana